Kategorie: | 1. April 2022

Wehrhafte Demokratien – Das Ahrtal­bekenntnis

Mit dem Begriff der „wehrhaften“ Demokratie ist gemeint, dass sich der demokratische Staat gegen seine Feinde wehren darf und kann.

Ich möchte ihn heute aber auf die lokale und regionale Politik beziehen:

Der Wiederaufbau nach einer Sturzflut wie der vom Juli 2021 stellt eine riesige Herausforderung für die kommunalen, regionalen und landesweiten Gremien und Politiker dar.

Viele in der Kommunalpolitik, in den Verwaltungen und Verwaltungsspitzen Tätige sind persönlich von den Folgen der Katastrophe betroffen und sollen neben den üblichen, schon herausfordernden Themen des Tagesgeschäfts eine solche Krisensituation bewältigen.
Das ist meiner Meinung nach ebenfalls eine Situation, die ein wehrhaftes Demokratieverständnis erfordert.

Die so wichtige Beteiligung der Bürger und Mitnahme der Betroffenen bei den Entscheidungsprozessen bedeutet eine Kraftanstrengung, die nur von einer geschlossenen kommunalpolitischen Familie gemeistert werden kann.

Der gemeinsame Konsens von dem, was wir jetzt alle im Ahrtal brauchen, ist noch nicht formuliert, noch nicht verabredet.

Ich habe das in meinem Impulsvortrag bei der Infrastrukturkonferenz im Dezember 2021 das AHRTALBEKENNTNIS genannt.
Eine gemeinsame Verabredung, wie wir inhaltlich und organisatorisch den Wiederaufbau angehen, fehlt bislang. Die Kommunen sind auf unterschiedlichen Wegen unterwegs. Dabei wirken die Anstrengungen jedoch immer noch als Einzelhandlung oder Kraftakt eines Akteurs oder einer Gruppe. Die absehbaren Konflikte verlangen aber eine starke Kommunikationskultur und ein wirksames Konfliktmanagement.

Ich beobachte in den letzten Monaten ein hohes Maß an Bereitschaft, Energie und Kraftanstrengung. Zum Teil „sorge“ ich mich dabei um die Spitzenakteure. Der Erwartungsdruck ist immens. Wir verschleißen hier gerade unsere BürgermeisterInnen, OrtsvorsteherInnen, Verwaltungsspitzen und insgesamt unsere kommunalen Verwaltungen.
Diese Vorgehensweise stellt nicht das Optimum für den Wiederaufbau dar. Es bedarf einer wehrhaften Demokratie, die die handelnden Akteure schützt, auf einen wertschätzenden Umgang achtet, eine menschliche Wiederaufbaukultur schafft und bestenfalls jeden mitnimmt.

Es gibt nicht “die Politik”, “den Kreis”, “die Stadt”, “das Land”, “den Bund”. Überall stehen Menschen – oft Mitbürger und Nachbarn – dahinter, die nach bestem Wissen und Gewissen und vorhandener Kraft ihrer Tätigkeit nachgehen.

Wir müssen uns gegenseitig aushalten, und es bedarf jetzt eines Schulterschlusses wehrhafter Demokraten!

Ihr
Markus Becker
Foto: AdobeStock#235431650

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